Heidelberg - keine Fußballhochburg ...

Schon zu früheren Zeiten gehörten die Fußballvereine in Heidelberg nicht zum Allerbesten, was der nordbadische Fußballsport zu bieten hatte. Zwar gehörte der VfB Heidelberg in der ersten Nachkriegssaison 1919/20 der Kreisliga Odenwald, damals höchste Spielklasse, an, doch stieg man prompt wieder ab und betrat die oberste Bühne nie wieder. Erst Ende der 20-er/anfang der 30-er Jahre machten sich die "Landvereine" FG Rohrbach, FG Kirchheim und SV Sandhausen daran, den Fokus erneut auf die inzwischen "verwaiste" Heidelberger Ecke zu lenken. Wie es zu Beginn der 20-er Jahre in Heidelberg genau ausschaute, lesen wir in einem Artikel vom November 1920:

Seit der VfB die Kreisliga verlassen hat, ist das Interesse für den runden Ball in unserer Stadt stark zurückgegangen. Hockey und vor allem Rugby sind älter in Heidelberg und erfolgreicher gegen auswärtige Gegner. Sie gehören zu den besten ihrer Sportart in Deutschland.

Die vier Fußballklubs VfB, Union 1911, Phönix und Kirchheim 1910 haben aber doch ihr Publikum, das getreulich auf die zum Teil recht entlegenen Plätze pilgert und das Schicksal seiner Vereine miterlebt. In der B-Klasse kämpfen Union, Phönix und Kirchheim um den Vorrang, sie haben ihre auswärtigen Gegner alle hinter sich gelassen. Union ist zur Zeit nach einer Reihe siegreicher Spiele, in denen sie mit vorbildlicher Energie und ausdauernder Beständigkeit kämpfte, klar in Front. Es steckt sehr gutes Material in der Mannschaft, vor allem scheint die Vereinsleitung die Zügel recht fest in der Hand zu haben. Phönix ist kaum schlechter; seine Spieler die zu gleicher Zeit auch im Rugby tätig sind, verzetteln sich aber zu sehr. Recht Gutes zeigt auch Kirchheim 1910; es ist für einen Klub, der seinen Mitgliederbestand aus dem immerhin beschränkten Kreis eines Vororts nehmen muß, eine beachtenswerte Leistung, wenn er mit seinen städtischen Rivalen so erfolgreich mitkonkurrieren kann. VfB hält sich in der A-Klasse ganz gut. Sie hat als Stimmungsmannschaft eine Eigenschaft. die ihr die Liga ( Anmerkung: gemeint Kreisliga ) gekostet hat, einige Spiele gegen mittlere Gegner der A-Klasse verloren, dann aber die Spitzenmannschaften sicher geschlagen und hat alle Aussicht, A-Meister zu werden und wieder in die Liga zu kommen. Das wäre für unser Heidelberger Sportleben und den Fußballsport im Besonderen sehr erwünscht. Ob es dem VfB nun gelingt, Ligaverein zu werden oder nicht, bei unserm sportstüchtigen Nachwuchs werden wir das Ziel sicherlich wieder einmal erreichen. Die Vereine müssen nur das Spielermaterial in straffer Disziplin und bei der Stange halten. Die Qualität ist gut.

Es ist heute noch keine Seltenheit, daß einer von diesen Teufelskerlen morgens Assoziation ( Anmerkung: Als "Assoziation" oder "Assoziationsfußball" bezeichnete man den Fußballsport so, wie wir ihn heute kennen, im Gegensatz zum Rugby, das man auch als "Rugbyfußball" bezeichnete), nachmittags Rugby oder Hockey und abends Wasserball spielt oder rudert. Lohrmann, der jetzt bei Fürth Torwächter ist, ist ja ein typisches Heidelberger Produkt. Als Fußballer, Rugbyspieler und Wasserballtormann der deutschen Meistermannschaft des Schwimmklubs Neckar war er überall gleich gut auf dem Posten. Die hohe Schule all dieser Sportsgrößen ist unser vielgeschmähtes Neckarvorland ( Anmerkung: Auf dem Neckarvorland auf der Neuenheimer Seite wurden damals - mangels anderer Alternative - viele Fußballspiele in Heidelberg ausgetragen ). Wer ein gutes Auge hat, kann dort noch mehr "Tätsche" finden ( Tätsch ist Lohrmanns Heidelberger Spitzname. Er kommt von tatschen = tappen = fangen und charakterisiert ihn also recht gut ).

 

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